Unter dem Motto „Verschleiß vorprogrammiert? – Verbraucherschutz adé“ trafen sich am 29.04.2015 zahlreiche Interessierte auf Einladung des CDA-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf und des CDU-Ortsverbandes Grunewald-Halensee im Bürgerbüro von Joachim Krüger MdA.
Claudio Jupe MdA, verbraucherschutzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, berichte zunächst über entsprechende Ansätze in der Berliner Politik. Er bedauerte, dass dieses Thema leider immer noch zu wenig Raum findet.
Kürzlich wurde die EU-Richtlinie zur Rücknahmeverpflichtung gebrauchter Elektrogeräte durch die Hersteller umgesetzt. Allerdings erscheint dies als falscher Ansatz, da er das Problem des anfallenden „Elektroschrotts“ nicht wirksam löst. Die entstehenden Kosten werden mittelbar an die Verbraucher weitergegeben Es fehlt der Anreiz, Abfall zu vermeiden. Ein Konzept der Abfallvermeidung wäre wesentlich zielführender.
Anschließend referierte der Wirtschaftsjournalist Bernd Schellenberg sehr umfassend zum Thema. Er stellte an einer Vielzahl von Beispielen aus der Praxis vor, was DBO (Design Based Obsolescence) bedeutet. Im Klartext werden Produkte des täglichen Bedarfes, von der Elektrozahnbürste über Flachbildfernseher bis hin zum PKW, so gestaltetet werden, das sie in Gänze, oder doch wesentliche Bestandteile, nach vorher definierter Zeit verschleißen. Ein teilweiser oder totaler Ausfall wird bewusst in Kauf genommen. Der Verbraucher ist dann gezwungen, entweder eine teure Reparatur in Kauf zu nehmen oder sogar ein neues Gerät zu erwerben. Mit einen anderen Design, anderen Materialien o.ä. wäre aber auch eine längere Lebensdauer möglich. Dies ist aber von den Herstellern in aller Regel nicht gewünscht, da sich damit ja kein neuer Umsatz erzielen lässt. Es ergibt sich immer eine Abwägung zwischen Effizienz der Produkte und deren Lebensdauer.
Grundsätzlich lassen sich die Methoden in drei große Kategorien einteilen:
1. Betrug: Beispiele hierfür sind ein Seitenzähler in PC-Druckern, der dem Benutzer vorgaukelt, es würde ein massiver Defekt vorliegen, obwohl lediglich eine vordefinierte Anzahl von Seiten gedruckt wurde, die Lebensdauer der Mechanik aber noch lange nicht erreicht wurde. Bei einem bestimmten hochpreisigen Flachbildfernseher wurde gezielt ein Bauteil eingesetzt, das erfahrungsgemäß frühzeitig verschleißt und eine kostspielige Reparatur nach sich zieht, obwohl das Bauteil selbst nur wenige Cent kostet und der Fernseher auch ohne dieses Bauteil einwandfrei funktioniert.
2. Materialänderung: Hierbei werden unter dem Diktat der Kostenersparnis gezielt hochwertige durch minderwertige Materialien ersetzt. Der Effekt ist schnellerer Verschleiß gegenüber dem Vorgängermodell.
3. Modische Aspekte: Dem Verbraucher wird suggeriert, das verwendete Modell entspreche -obwohl voll funktionsfähig- nicht mehr dem aktuellen Trend oder Stand der Technik. Es wird psychologischer Druck ausgeübt, das jeweils neueste Modell zu kaufen. In der Automobil-Industrie ist es durchaus üblich, zunächst vermeintlich „hässliche“ Accessoires einzubauen, die dann beim neuen Modell nicht mehr vorhanden sind und man dann den „schöneren“ PKW bekommt.
Die Möglichkeiten der Bekämpfung dieser Effekte ist sehr unterschiedlich: Gegen ganz offensichtlichen Betrug kann juristisch vorgegangen werden, wenn auch die Beweisführung im Einzelfall sich als sehr schwierig darstellen dürfte. Die Verwendung veränderter Materialien lässt sich nur schwer als Argument ins Feld führen, da seitens der Hersteller naturgemäß auch mit eine großen Vielzahl an Gegenargumenten zu rechnen ist (günstigere Herstellung, Gewichtsverringerung (bei PKW entspricht dies geringerem Kraftstoffverbrauch), umweltverträglichere Herstellung etc.). Wenig bis gar nicht ist rechtlich gegen modische und psychologische Effekte vorzugehen. Hier würde nur eine Veränderung im Konsumverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher zielführend sein.
In der anschließenden, angeregten Diskussion wurde beschlossen, dieses Thema vor allem unter dem Aspekt eines verbesserten Verbraucherschutzes auf anderen Ebenen weiterzudiskutieren. Hierzu sind aber gesetzliche Initiativen auf Bundesebene, wahrscheinlich sogar auf europäischer Ebene notwendig. Als Fernziel wird die Einrichtung eines Gütesiegels (wie ja in vielen andern Bereichen schon vorhanden) für verbraucherfreundliche Lebenszeiten oder Reparatureigenschaften der Geräte angestrebt.
Als potentielle Gesprächspartner kommen Abgeordnete aus Bundestag und Europäischem Parlament infrage, ebenso wie Vertreter von Verbraucherschutzverbänden.